Symbolbild

Bereits der erste Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 hat das Wohlbefinden sowie das Verhalten von Kindern und Jugendlichen beeinflusst. Das ergaben zwei Befragungen, initiiert von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Leipzig, in rund 700 Familien aus der Region. Die Ergebnisse sind kürzlich in den Fachzeitschriften „Journal of Consulting and Clinical Psychology“ und „Plos One“ veröffentlicht worden.

Kinder sind nur selten von ernsten Verläufen von COVID-19 betroffen, leiden aber unter den Maßnahmen der Kontaktbeschränkungen. Selbstverständliche Dinge wie der Schul- und Kitabesuch, Familienfeste und Kindergeburtstage sind seit mehr als einem Jahr nicht oder nur eingeschränkt möglich. Im Rahmen der LIFE Child-Studie haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Leipziger Universitätsmedizin während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 insgesamt 700 Familien nach ihrem Wohlbefinden, der Umsetzung des Homeschoolings sowie ihrer Freizeitgestaltung befragt. „Kita- und Schulschließungen sowie Kontaktverbote zur Eindämmung der Corona-Pandemie treffen vor allem die Jüngsten unserer Gesellschaft. Erkenntnisse darüber, wie sich diese Maßnahmen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auswirken, helfen dabei, zukünftige Maßnahmen besser an die Bedürfnisse von Familien anzupassen“, erklärt Dr. Mandy Vogel, Wissenschaftlerin am Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen, zur Relevanz der beiden Befragungen.

Dabei fanden die Expertinnen und Experten heraus, dass sich Kinder und Jugendliche deutlich mehr um die Gesundheit ihrer Familien als um ihre eigene sorgten. Der Anteil der Studienteilnehmer, die glaubten, dass es nie wieder wird wie vor der COVID-19-Pandemie, stieg von Ende März bis Ende April 2020 von 7 Prozent auf 16 Prozent. In diesem Zeitraum vervierfachte sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in ihrer Freizeit keinen Kontakt zu Gleichaltrigen hatten. 80 Prozent vermissten den persönlichen Kontakt mit Freunden. Insgesamt war das physische als auch das psychische Wohlbefinden niedriger als im Jahr vor der Pandemie.

Im Durchschnitt zweieinhalb Stunden Homeschooling bei Grundschulkindern

Beim Freizeitverhalten von Kindern im Alter zwischen ein und zehn Jahren wurde ein signifikanter Abfall von interaktiven Tätigkeiten beobachtet – zum Beispiel von Basteln oder Gesellschaftsspielen. Die Mediennutzung war sowohl zu Beginn als auch in der Mitte des ersten Lockdowns sehr hoch, vor allem in sozial schwächeren Familien. Die Bildschirmzeit überstieg bei fast 50 Prozent der Vorschulkinder die empfohlene maximale Dauer von 30 Minuten pro Tag. Bezüglich des Homeschoolings äußerten die meisten Eltern zwar, dass ihre Kinder motiviert waren und sich auf ihre Schulaufgaben konzentrieren konnten. Dieser Anteil war bei Familien aus niedrigeren Sozialschichten aber deutlich geringer. Außerdem nahm die Motivation von Anfang (46 Prozent) bis Mitte des erstens Lockdowns (34 Prozent) signifikant ab. Die durchschnittliche tägliche Zeit, die Grundschulkinder mit Schulaufgaben zubrachten, lag bei nur circa zweieinhalb Stunden und verdeutlicht, dass Homeschooling den Präsenzunterricht keinesfalls ersetzen kann.

Dr. Tanja Poulain, Wissenschaftlerin am Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen, sagt: „Maßnahmen gegen eine Pandemie müssen gegen potenziell negative Auswirkungen auf die Gesundheit und Bildung von Kindern und Jugendlichen abgewogen werden. Es werden also Konzepte benötigt, die die Infektionsgefahr minimieren, ohne gleichzeitig Bildungschancen und Wohlbefinden zu gefährden.“

Originaltitel der Veröffentlichung im Journal JCCP advances: “Well‐being and COVID‐19‐related worries of German children and adolescents: A longitudinal study from pre‐COVID to the end of lockdown in Spring 2020”, doi.org/10.1111/jcv2.12004

Anzeige

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein