Symbolbild

Auch das mittelständisch geprägte Kraftfahrzeuggewerbe benötigt dringende Unterstützung im Strukturwandel. So kommentiert der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) die Ergebnisse des gestrigen Automobilgipfels. So notwendig es sei, insbesondere die mittelständisch geprägte Zulieferindustrie in der Krise zu stärken, so wichtig sei es, dem Automobilhandel im Transformationsprozess strukturelle Unterstützung zu gewähren.

“Ohne den Automobilhandel kommt kein Fahrzeug auf die Straße, und ohne die Kfz-Werkstätten bleiben die 57 Millionen Kraftfahrzeuge auf deutschen Straßen nicht mobil”, betont ZDK-Präsident Jürgen Karpinski. Die rund 37 000 Kfz-Betriebe mit 450 000 Beschäftigten im Kraftfahrzeuggewerbe stünden in normalen Zeiten für einen Umsatz von rund 186 Milliarden Euro. “In diesem Jahr müssen wir mit rund 20 Prozent weniger Neuzulassungen, etwa sieben Prozent weniger Gebrauchtwagen sowie einer um vier Prozentpunkte geringeren Werkstattauslastungsquote rechnen.”

Die durch den Lockdown erlittenen Verluste seien für die Betriebe nicht mehr aufzuholen. Die Krise treffe das mittelständisch geprägte Kraftfahrzeuggewerbe zudem in der Phase der Transformation hin zu alternativen Antrieben und sich verändernden Mobilitätskonzepten. “Es ist daher für unsere gesamte Wirtschaft von entscheidender Bedeutung, dass die Kfz-Betriebe bei diesem Wandel strukturelle Hilfen erhalten, etwa bezogen auf betriebliche Investitionen rund um die Elektromobilität.”

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hatte jüngst in einer Studie über die Bedeutung der Automobilindustrie in Deutschland geschrieben, dass die Branche jetzt mit einem Nachfrageschock konfrontiert sei, von dem sie sich nur langsam wieder erhole. “Von diesem Nachfrageschock ist vor allem der Automobilhandel betroffen”, so Jürgen Karpinski. “Daher fordere ich die politischen Entscheidungsträger dringend auf, die Betriebe des mittelständisch geprägten Kraftfahrzeuggewerbes in den geplanten Transformationsfonds für die Automobilbranche einzubeziehen.”

Die Ergebnisse des Autogipfels im Kanzleramt kommentiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) äußerst kritisch: “Anstatt wichtige Zukunftsentscheidungen zu treffen, entschied sich Kanzlerin Merkel für den Todeskuss. Erneut hat die Verbrenner-Lobby einen Systemwechsel verhindert. Anstatt einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ab 2025 zu verkünden und damit Autoherstellern und ihren Zulieferern ein klares Signal zu setzen, endlich zukunftsfähige, emissionsfreie Fahrzeuge in Großserie herzustellen, sollen nun in ‘gemeinsamen Arbeitsgruppen’ finanzielle Hilfen auch für den Abverkauf von Diesel- und Benzin-Pkw erarbeitet werden. Der ‘Raubtierlobbyismus’ der Autokonzerne wird damit regierungsamtlich geadelt und institutionalisiert.

Die Ankündigung, nun bis November über Grundzüge einer Förderung der veralteten, klimaschädlichen Verbrennertechnologie zu sprechen, wird zu einer Kaufzurückhaltung führen, die als weiteres Druckmittel zur Durchsetzung derselben absehbar genutzt werden wird. Dabei werden künstliche, lebensverlängernde Maßnahmen für eine todgeweihte Verbrenner-Technologie den bereits begonnenen Niedergang der Automobilindustrie noch beschleunigen. Ab 2025 werden Benzin- und Diesel-Pkw aus immer mehr europäischen Städten ausgesperrt sein. Wer da jetzt nicht umsteuert, fährt in den Niedergang.

Die einzige Hilfe, die mittelständischen Zulieferern wirklich nachhaltig nützt, ist die Hilfe zu einem schnellen Umstieg auf batterieelektrische Mobilität. Die Unternehmen müssen wissen, wohin die Reise geht. Sie brauchen ein klares Signal zum beschleunigten Ausstieg aus dem Verbrenner. Dass die Bundesregierung erneut versäumt hat, die Förderung von überdimensionierten, klimaschädlichen Plug-In-Hybrid-Pkw zu beenden, zeigt uns, dass sie das nicht verstanden hat. Und ginge es ihr wirklich um den Erhalt der Arbeitsplätze im mittelständisch geprägten Kfz-Gewerbe, würde sie die Dieselkonzerne dazu verpflichten, die elf Millionen Betrugs-Diesel der Abgasstufen Euro5 und 6 auf Kosten der Hersteller mit funktionstüchtigen Abgaskatalysatoren nachzurüsten. Mit einem solchen Konjunkturprogramm könnten zehntausende Arbeitsplätze gesichert und gleichzeitig die Luftqualität in unseren Städten entscheidend verbessert werden.

Die Politik muss endlich klare und mutige Entscheidungen für absolut emissionsfreie Antriebe treffen. Das wird ihr im Hinterzimmer mit der Autolobby nicht gelingen. Es ist mehr als überfällig, wie bei allen anderen Themen auch, alle an einen Tisch zu holen: Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Vertreter des öffentlichen Nahverkehrs. Auf einem solchen, wirklichen Mobilitätsgipfel könnten sinnvolle Weichenstellungen für die Zukunft eine Chance haben.”

(ots)

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