Maskenpflicht, Abstandhalten, Kontaktbeschränkungen – der überwiegende Teil der Menschen trägt die coronabedingten Einschränkungen mit. Rund 1.300 Personen haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg online danach befragt, wie sie die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wahrnehmen und damit umgehen.

Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, sich immer oder zumindest meistens an die Vorgaben gehalten zu haben. Auch die Akzeptanz der mit dem Lockdown verbundenen Grundrechtseinschnitte ist groß. Deutlich kritischer fällt jedoch die Abwägung zwischen gesellschaftlichem Nutzen und wirtschaftlichem Schaden aus. Überraschend niedrig scheint die Bereitschaft zu sein, sich impfen zu lassen, sollte ein Impfstoff in Zukunft zur Verfügung stehen. Diese und weitere Ergebnisse der Online-Befragung sind im Internet abrufbar.

Die Befragung mit insgesamt 1.351 Teilnehmern – bevölkerungsrepräsentativ nach Geschlecht, Alter und Bildung – wurde mithilfe eines sogenannten Online-Access-Panels durchgeführt und fand zwischen dem 30. Juni und dem 7. Juli 2020 statt. Sie ist Teil eines interdisziplinären Projektes am Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg, das sich dem Thema „Gesellschaftliche Selbstermächtigung“ widmet. Dabei geht es um die Bereitschaft, formelle oder informelle gesellschaftliche Regeln zu missachten, weil sich die betreffende Person aus übergeordneten, insbesondere moralischen Gründen nicht daran gebunden fühlt. Zu Ausmaß, Gründen, Folgen und Maßnahmen forschen der Psychologe Prof. Dr. Peter Kirsch, der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hanno Kube und der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Reimut Zohlnhöfer.

Bei der Frage nach der Einhaltung der Einschränkungen gab nur eine verschwindend kleine Minderheit von unter vier Prozent an, den Corona-Regeln selten oder nie gefolgt zu sein. Dabei scheint die Furcht, von Polizei oder Ordnungsamt bei Verstößen gegen die Verordnungen erwischt zu werden und entsprechende Folgen tragen zu müssen, eine nennenswerte Rolle zu spielen. Dass dies schlimm oder sehr schlimm für sie gewesen wäre, gaben fast 60 Prozent der Befragten an, wobei sich erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern gezeigt haben: Besonders groß scheint die Angst davor unter anderem in Bayern gewesen zu sein. „Dass die bundeslandbezogene Varianz bei der Frage, wie schlimm eine Entdeckung gewesen wäre, mit der Schärfe der Bestrafung für Verstöße in Zusammenhang steht, ist vor allem für Bayern plausibel. Insgesamt muss dies allerdings noch genauer untersucht werden“, sagt Politikwissenschaftler Reimut Zohlnhöfer.

Die statistischen Auswertungen zumindest zeigen an: Je wahrscheinlicher es erschien, bei Verstößen ertappt zu werden, und je schlimmer diese Entdeckung eingeschätzt wurde, desto eher hielten sich die Befragten an die Beschränkungen. Aber auch andere Aspekte spielen hier eine Rolle, wie die Wissenschaftler erläutern, etwa das Alter, das Geschlecht, die Demokratiezufriedenheit oder die Parteipräferenz. Auch das Gefühl, selbst politischen Einfluss nehmen zu können, wirkt sich offenbar auf die Einhaltung der Beschränkungen aus, wie Reimut Zohlnhöfer berichtet. Waren die Menschen der Auffassung, sie könnten die Arbeit der Regierung nicht beeinflussen, tendierten sie im Durchschnitt eher dazu, es mit den Corona-Regeln nicht ganz so genau zu nehmen.

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