HOMBURG1: Der Saarpfalz-Kreis pflegt einige enge Partnerschaften im Ausland, darunter auch zum ukrainischen Rayon Pustomyty in der Oblast Lemberg. Würden Sie diese Partnerschaft für unsere Leser einmal kurz skizzieren?
Dr. Theophil Gallo: Der Saarpfalz-Kreis pflegt seit 2017 Kontakte zum ukrainischen Rayon Pustomyty in der Oblast Lemberg an der polnischen Grenze. Der Rayon Pustomyty ist zwischenzeitlich durch eine Gebiets- und Verwaltungsreform der Rayon Lemberg/Lwiw übergegangen. Die freundschaftlichen Begegnungen mit der damaligen Landrätin Halyna Hytschka an der Spitze führten zur amtlichen Besiegelung der Partnerschaft beider Gebietskörperschaften. Dies wird mit Landrat Andrij Sulym fortgesetzt. Schwerpunkte der Partnerschaft sollen Austausche mit Schulen und Verein sein. Wir sind dabei, einen internationalen Museumsverbund zum Thema „Bergwerk“ mit dem französischen Musée les Mineurs Wendel, dem Bergbaumuseum in Bexbach, dem polnischen Museum der Öl- und Gasindustrie in Bóbrka und dem ukrainischen Bergbaumuseum beim Bergwerk “Lviv Vuhillia” bei Lemberg einzugehen.
HOMBURG1: Heute ist ein sehr dunkler Tag in der Geschichte. Wie sehen Sie die aktuelle Lage und wie schätzen Sie diese ein?
Dr. Theophil Gallo: Wir haben Krieg in Europa. Ich bin entsetzt über die perfide, menschenverachtende Vorgehensweise des russischen Präsidenten, der nicht nur gegen das Völkerrecht verstößt, sondern ganz gezielt das Leben unzähliger unschuldiger Menschen aufs Spiel setzt. Es werden viele Menschen sterben, wenn es nicht gelingt, ihn zu stoppen, ihn schnell und hart zu treffen. Die Geschichte wiederholt sich, vergleichbare Entwicklungen zu der Zeit vor 1939 lassen sich nicht mehr leugnen. Dazu gehört auch der stärker werdende Einfluss von Rechtspopulisten mit stetigen Versuche auch einzelner Akteure, die EU und unsere Demokratie zu destabilisieren. Das sollte uns allen bewusst sein und wir sollten nichts unversucht lassen, hierzulande gegenzusteuern. Das ist kein Krieg der Ukraine allein.
HOMBURG1: Stehen Sie in aktuellem Kontakt zu Freunden aus der Ukraine und welche Rückmeldungen und Berichte bekommen Sie hier?
Dr. Theophil Gallo: Wir sind in telefonischen und digitalen Austausch mit dem ukrainischen Generalkonsul Vadim Kostiuk in Frankfurt/Main sowie mit dem Landrat des Rajon Lemberg, Andrij Sulym. Mit beiden gab es heute morgen bereits eine längere Videoschalte
HOMBURG1: Kann und wird der Saarpfalz-Kreis hier seinen ukrainischen Freunden in der Partnerschaft helfen und laufen hier Unterstützungsgespräche in irgendeiner Form?
Dr. Theophil Gallo: Wo immer es möglich sein wird, sagen wir unsere Unterstützung zu. Ich bin im Austausch mit Europastaatssekretär Roland Theis und der stellvertretenden Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. Die Koordination hierzu erfolgt in unserem Haus u. a. über unsere Europabeauftragte Frau Dr. Violetta Frys. Wir werden gewiss medizinische Hilfe leisten können und leisten müssen. Ich habe in der Videokonferenz spontan angeboten, ggf. und wenn notwendig auch Flüchtlinge aufzunehmen, wenn das unsere polnischen Partner nicht alleine schaffen.
HOMBURG1: Der Krieg ist seit heute so nah wie lange nicht mehr. Welche Gefühle löst dies bei Ihnen persönlich aus und welche Botschaft haben Sie an die Bürger im Saarpfalz-Kreis?
Dr. Theophil Gallo: Die Geschichte wiederholt sich, vergleichbare Entwicklungen zu der Zeit vor 1939 lassen sich nicht mehr ernsthaft leugnen. Dazu gehört auch der stärker werdende Einfluss von Rechtspopulisten mit stetigen Versuche auch einzelner Akteure, die EU und unsere Demokratie zu destabilisieren. Das sollte uns allen bewusst sein und wir sollten nichts unversucht lassen, hierzulande gegenzusteuern. Meine Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger ist: Wir müssen helfen und zusammenstehen.
Ich appelliere – auch in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Saar – an die polnische Regierung, ihre Haltung zur EU zu überdenken und sich bewusst zu machen, dass die Themen, über die man sich mit der EU streitet, kann nicht wirklich existentiell sind.
Ich appelliere an die Menschen in Russland, mitzuhelfen gegen diese menschenverachtende Vorgehensweise. Leider scheint es auch so zu sein, dass der Autokrat Lukaschenko in Belarus mitmischt.
Das Vorgehen Putins wird zur Existenzfrage für die Ukraine und für Europa, Polen gehört ohnehin dazu, aber auch die Ukraine. Letzten Endes will der Autokrat Putin die demokratischen Strukturen zerschlagen. Es geht um die Zukunft eines demokratischen Europa.
Landrat Dr. Gallo veröffentlichte außerdem ein weiteres zusammenhängendes Statement.
Hier im Wortlaut:
“„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, heißt es. Und tatsächlich ist das letzte Fünkchen Hoffnung, dass Krieg in Europa noch zu vermeiden ist, heute Morgen nach den jüngsten Meldungen über die Ukraine und Russland erloschen … oder darf die Hoffnung nie sterben … wir wissen es nicht.
Wir haben Krieg in Europa. Ich bin fassungslos, entsetzt und ins Mark getroffen über die perfide, menschenverachtende Vorgehensweise des russischen Präsidenten, eines Autokraten und seiner Entourage, der nicht nur gegen das Völkerrecht verstößt, sondern ganz gezielt Menschenleben aufs Spiel setzt. Das ist keine Sache nur der Ukraine, es geht um Europa und um unsere demokratischen Systeme, die Putin ausschalten will. Es werden viele Menschen sterben, wenn es nicht gelingt, ihn zu stoppen, ihn schnell und hart zu treffen. Die Geschichte wiederholt sich, vergleichbare Entwicklungen zu der Zeit vor 1939 lassen sich nicht ernsthaft leugnen. Dazu gehört auch der stärker werdende Einfluss von Rechtspopulisten in unseren europäischen Ländern mit ihren stetigen Versuchen, auch einzelner Akteure, die EU und unsere Demokratie zu destabilisieren. Das sollte uns allen bewusst sein und wir sollten nichts unversucht lassen, hierzulande gegenzusteuern.
Ich weiß aus persönlichen Gesprächen, dass auch die polnischen Bürgerinnen und Bürger mit der Grenze ihres Landes zu Belarus in größter Sorge sind. An dieser Stelle möchte ich nicht zuletzt als Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Saar, aber auch als Landrat, der sich seit Jahren aus gutem Grund auf der bürgerlichen Ebene für enge Verbindungen zu Polen und der Ukraine stark einsetzt, die Botschaft mitgeben, an die polnische Regierung appellieren, ihre Haltung zur EU zu überdenken und sich bewusst zu machen, dass die Themen, über die man sich mit der EU streitet, nicht wirklich existentiell sind. Das Vorgehen Putins wird zur Existenzfrage für die Ukraine und für Europa. Er will die Geschichte nach seiner kruden Vorstellung korrigieren, um das ausbreiten demokratischer Strukturen um ihn herum zu verhindern.
Es ist und bleibt jetzt unsere Aufgabe, im Rahmen unserer Möglichkeiten unseren polnischen und ukrainischen Freunden beiseite zu stehen. Deshalb habe ich in einer einer Videoschaltung heute Morgen dem Landrat des ukrainischen Partnerkreises Lemberg, Andrij Sulym, sowie dem Generalkonsul der Ukraine, Vadym Kostiuk, der ebenfalls zugeschaltet war, unsere Solidarität und unsere Unterstützung zugesagt, wie auch immer dies notwendig sein wird. Es geht um die Zukunft eines demokratischen Europa, zu dem die Ukraine jetzt erst recht auch gehört.”