Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen analysierten fünf Spiele, die neun Mannschaften in der deutschen Bundesligasaison absolvierten. Mithilfe eines Ansatzes aus der statistischen Physik, der Richtungskorrelation („directional correlation technique“), konnten sie erfassen, „wie stark die Bewegungen der Spieler in Hinsicht auf ihre Richtungen übereinstimmen“, erklärt Mate Nagy, Leiter der MTA-ELTE Collective Behaviour Forschungsgruppe (Ungarn) und Hauptautor der Studie.

„Wenn zum Beispiel zwei Spieler in eine ähnliche Richtung rennen und sich dann beide um 30 Grad nach links drehen, sind ihre Bewegungsmuster sehr ähnlich, auch wenn einer von ihnen etwas früher abdreht“. Daraus erstellten die Forschenden eine Kennzahl – die HCS („highly correlated segments“) –, als Maß des Zusammenspiels der Spieler innerhalb ihrer Mannschaft und ihrer Koordination gegenüber dem gegnerischen Team. Anstatt nur Leistungskennzahlen einzelner Spieler zu analysieren – beispielsweise, wie schnell ein Spieler in einem Spiel rennt – untersucht die Studie Faktoren wie das Zusammenspiel und die Abstimmung der Spieler untereinander, um auf diese Weise kollektive Strategien zu entdecken, die für die Performance der ganzen Mannschaft maßgeblich sind.

„Wir können aufzeigen, warum Stürmer und Verteidiger ganz unterschiedlich spielen müssen: Während Stürmer sich unkorreliert und ‚überraschend‘ bewegen müssen, damit der Gegner sie nicht so leicht verfolgen kann, müssen Verteidiger sich gut als Einheit abstimmen und sehr organisiert spielen, was eine ganz andere Art von Talent erfordert“, so Marcelino. Die HCS-Kennzahl erweist sich auch bei der Einschätzung der Spieler als aussagekräftig, da die Studie einen Zusammenhang zwischen der Kennzahl und dem Marktwert der Spieler feststellte.

Die Studie ist sowohl für den Bereich der Wissenschaft als auch des Sports vielversprechend. Mithilfe der in der Studie verwendeten Kennzahl können Mannschaften Talente identifizieren und Trainer erhalten einen zusätzlichen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Leistung. Wissenschaftlich gesehen zeigen die Ergebnisse, dass Mannschaftssportarten als Beispiel für menschliches Kollektivverhalten betrachtet und entsprechend untersucht werden können.

„Zur Untersuchung von Kollektivverhalten wählen wir bevorzugt lenkbare Systeme, da sie leichter zu analysieren sind“, sagt Guy Amichay, Doktorand am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und Mitautor der Studie. „Das Gruppenverhalten des Menschen ist für uns natürlich von großem Interesse, aber oft sind die Mechanismen, die ihm zugrunde liegen, schwer zu erfassen. Wenn wir aber im Bereich der Sportwettkämpfe mit bekannten Grundregeln forschen, haben wir eine gute Ausgangslage.“

Zum Originalartikel: www.campus.uni-konstanz.de

 

 

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